3 Wasserräder und Schwammstädte

Regen!
Immerhin.
Eigentlich wollte ich über etwas anderes schreiben, aber dann werde ich vom Wetter abgelenkt.
Regen!

Und damit bin ich schon gleich voll im Thema. Das Wetter diesen Sommer. Bei den Gesprächen, die ich bisher geführt habe, tauchte eine Sache immer wieder auf. Sie wurde in unterschiedlichen Stimmlagen gesagt. Manchmal fast entschuldigend, beschämt und manchmal mit ganz viel Selbstbewusstsein oder irgendwas dazwischen.
Während uns die Sonne ins Gesicht schien, sagten mir viele meiner Gesprächsparter*innen, dass sie ja eigentlich das Wetter diesen Sommer ganz schön fanden.
„Die Sonne scheint und es ist warm. Was will man mehr?“

Sonst geht das ja auch nicht, mit solchen Veranstaltungen. Dafür muss es ja trocken sein.“

Jetzt, wo es nicht mehr ganz so heiß ist, ist es auch wirklich schön.“

Die Beschämteren ergänzten dann gleich, dass sie ja wüssten, dass die Natur Regen brauche und mit dem Klimawandel und generell…

Das ist wohl der Zwiespalt der Europäer*innen. Wir, unsere Vorfahr*innen zerstören den Planeten und was droht uns? Um ein berühmtes Känguru (richtige Hochkultur hier) zu zitieren: „Besseres Wetter.“

Da ist es natürlich schwierig Menschen davon zu überzeugen, dass sie persönlich handeln müssen. Dass sie ihr Verhalten, ihren Konsum ihr Leben verändern sollen.

Aber ganz einfach besseres Wetter ist es natürlich nicht. (Siehe Mais, siehe Waldbrände, siehe die Zahl der Hitzetoten diesen Sommer)

Und das Bewusstsein, dass etwas passieren muss, ist auch in Vechta natürlich vorhanden. Aber reicht das, was wir tun? Und wer trägt die Verantwortung etwas zu ändern?

Wenn Kurzstreckenflüge weiter so billig sind, wieso soll ich dann weniger Auto fahren?“

Schwierig. Wie da argumentieren? Im Sonnenschein fällt es einem da viel leichter Gegenargumente zu finden. Sie müssen dann noch nicht einmal wirklich mit dem Klima zu tun haben.

Fahrradfahren kann auch schön sein. Man sieht die Landschaft ganz anders. Und hier ist es ja auch flach genug, um abgesehen vom Wind angenehm ans Ziel kommen zu können. Der Wind, der Gegenwind…

Ich drifte ab.

Regen.

Ich sitze in meiner Mühle und möchte eigentlich über was anderes schreiben, aber dann fängt es an zu regnen. Erst mal denke ich: „Wunderbar. Das, was der Wetterbericht angekündigt hat und das, was die Natur braucht.“
Ich mache ein paar Fotos aus verschiedenen Fenstern. Wie eine Prinzessin in ihrem Turm, laufe ich die Treppe hoch und runter, um den richtigen Blickwinkel auf den Weiher und die tropfenden Bäume zu finden.

Wenn es dann regnet, ist es mit den Alternativen zum Autoverkehr schon schwieriger. Natürlich gibt es, auch ohne den Individualverkehr mit dem Auto abschaffen zu wollen (und wer will das schon?), sinnvollere (klimafreundlichere) Modelle. E-Autos (ja, ihre Produktion ist problematisch), andere alternative Treibstoffe, aber auch schon der Verzicht auf Besitz (geteilte Nutzung von Fahrzeugen) können Ansätze sein. Aber wenn man dann kein Auto hat… Wenn dann der Bus nur zwei mal am Tag kommt… Wenn der Zug ausfällt…

Also ich bin ganz froh, dass ich gerade meine Mühle, meine Festung gegen das Wetter nicht verlassen muss. Stattdessen beobachte ich mein Fahrrad, wie es sich in ein Wasserrad verwandelt. Das scheint hier ein magischer Ort zu sein. Nicht nur, dass er sich große Mühe gibt, mein getreues Ross der letzten Woche zu verzaubern, um es dann möglicherweise aufzufressen und endlich wieder seine alte Funktion erfüllen zu können. Auch die Sicht aus meinen vielen Fenstern hat sich gewandelt.

Vor meiner Tür befindet sich ein kleiner See, der sich langsam ausbreitet, sich immer weiter an meine Tür heranpirscht. Ich dachte im Märchen, war das mit dem Handtuch und dem Gewässer gegen die Hexe gerichtet, nicht gegen die Prinzessin (das Mädchen). Bin ich also eine Hexe, Vechta, gegen die du dich verteidigen musst?

Heute gewinnst du jedenfalls. Ich verschanze mich und beobachte, ob der See noch über die Schwelle treten wird und denke an etwas anderes.

 

Schwammstädte.

Ein schöner Begriff, wie ich finde. Das Problem mit dem Klimawandel ist (in Deutschland) nicht unbedingt, dass es grundsätzlich weniger regnet. Wenn sich die Luft aufwärmt, kann sie ja sogar mehr Wasser aufnehmen, das irgendwann auch wieder runterkommen muss. Das Problem ist, wenn das Wasser unregelmäßig kommt und dann anstatt in den Boden zu sickern und vor Ort zu bleiben, entweder sofort wieder verdunstet (wärmere Luft und so) oder durch Flüsse und Kanalisation sofort abtransportiert wird, so dass niemand irgendetwas von dem Wasser, das herunter kommt, hat.

Deshalb die Idee der Schwammstadt, von der mir letzte Woche bei schönstem Wetter der Klimaschutzmanager Vechtas, Alexander Kunz, berichtet hat. Die Stadt muss lernen, Wasser aufzunehmen und zu speichern und so sowohl Starkregen als auch Trockenperioden besser überstehen zu können. Er erzählte mir davon am renaturierten Moorbach bei Gut Füchtel. Ein Bach, dem (zumindest teilweise) wieder erlaubt wurde, in trägen Schleifen durch die Landschaft zu fließen. Er mäandert an einer Wiese vorbei, deren Sinn auch ist überschwemmt zu werden und Wasser aufzunehmen, bevor es Vechta erreicht und es dann nach und nach wieder abzugeben. Abgesehen, davon dass es ein sinnvoller Ort ist, Klimaschutz und Überschwemmungsschutz beiseite, ist es dort auch einfach schön. Wasser, das vor sich hin plätschert. Enten. Bäume. Gras, das sich hin und her wiegt. Eine Bank.,

 

Vielleicht sollte ich mein Hexenhaus, meine Höhle doch verlassen und mich heute noch einmal dorthin auf den Weg machen. Nach dem Regen sieht es dort bestimmt auch wunderbar aus. Der See vor meiner Tür hat sich auch zurückgezogen, ohne die Schwelle zu übertreten und mein Fahrrad ist jetzt immerhin endlich wieder staubfrei. Es hat vergessen, dass es Wasserrad werden wollte und wartet geduldig auf mich.

Vielleicht ist es doch gar nicht so schlimm, mit dem Regen. Manchmal ist er ja auch ganz nett, sogar wenn man gerade draußen ist. Sonnenschein plätschert und tropft und rauscht einfach nicht so schön.